Tarifverträge: Wichtige Änderungen im Baugewerbe ab 01.07.2025

Die Tarifvertragsparteien im Baugewerbe haben sich am 18. Juni 2025 auf bedeutende Änderungen der Tarifverträge VTV, TZA Bau und BBTV geeinigt. Diese sollen bereits zum 1. Juli 2025 in Kraft treten – mit äußerst kurzer Vorlaufzeit für Betriebe und Software-Hersteller. Zusätzlich steht die Allgemeinverbindlichkeitserklärung durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) derzeit noch aus, was zu Unsicherheiten in der Branche führt.

Allgemeinverbindliche Tarifverträge sind auch für Arbeitgeber, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer verbindlich, die nicht bereits als Mitglieder der den Tarifvertrag abschließenden Verbände bzw. Gewerkschaften oder auf andere Weise tarifgebunden sind.

Hier die relevantesten Anpassungen für Sie kompakt aufgelistet:

1

Ausschließlich digital zur Verfügung gestellte Bescheinigungen

2

Laufende Urlaubsmeldungen Pflicht bei Azubis

3

Höhere Erstattungsbeiträge

4

Anpassung der Beitragssätze

1. Digitale Bescheinigungen ersetzen Papierdokumente

 

Ab dem 1. Juli 2025 wird der Versand gedruckter Bescheinigungen über gemeldete Daten eingestellt.

Neu: Alle Bescheinigungen werden künftig ausschließlich digital über das SOKA-BAU-Portal bereitgestellt.


Vorteile:

  • Weniger Verwaltungsaufwand

  • Schnellere Verfügbarkeit

  • Beitrag zum Umweltschutz

 

Hinweis:
Betriebe müssen ihre internen Prozesse anpassen, um einen reibungslosen Zugriff und die rechtssichere Archivierung der digitalen Dokumente sicherzustellen.

2. Verpflichtende kontinuierliche Urlaubsmeldung bei Auszubildenden

 

Bisher war die Urlaubsmeldung nur im sogenannten Auslernjahr verpflichtend.

Ab Juli 2025 gilt:
Der gewährte Urlaub muss während der gesamten Ausbildungszeit regelmäßig gemeldet werden.

Ziel:

  • perspektivische Ablösung des RAMEL Meldedatensatzes
  • genauere Erfassung und Abrechnung der Urlaubsansprüche während der gesamten Ausbildungszeit.

3. Höhere Erstattungsbeträge für Ausbildung und Internatsunterbringung

 

Die finanzielle Unterstützung im Ausbildungsbereich wird verbessert:

Rückwirkend ab 1. Mai 2024 und erneut zum 1. Mai 2025 werden die Erstattungsbeträge deutlich erhöht für:

  • Ausbildungstagewerke

  • Internatsunterbringung

Ab 2026 gilt zusätzlich:
Die Erstattungsbeträge steigen automatisch jährlich zum 1. Januar um 2 %, sofern keine abweichende Regelung vereinbart wird.

Das schafft mehr Planungssicherheit für Ausbildungsbetriebe und stärkt die Attraktivität der Bauausbildung.

4. Beitragssätze – Anpassungen ab 01.07.2025

 

Gewerbliche Arbeitnehmer: 

Tarifgebiet Urlaub
Berufsbildung Zusatzversorgung Gesamtbeitrag
West
15,1 % (unverändert) 1,9 % (vorher 2,2 %) 3,2 % (unverändert) 20,2 % (vorher 20,5 %)
Ost15,1 % (unverändert) 1,9 % (vorher 2,2 %) 1,7 % (vorher 1,4 %) 18,7 % (unverändert)
Berlin West15,1 % (unverändert) 1,65 % (unverändert) 3,2 % (unverändert) 25,65 % (unverändert)
Berlin Ost15,1 % (unverändert) 1,65 % (unverändert) 1,7 % (vorher 1,4 %) 24,15 % (vorher 23,85 %)
  1. Angestellte: 
    • Berufsbildungsbeiträge bleiben unverändert (monatlich 18 EUR, arbeitstäglich 0,90 EUR). 
    • Zusatzversorgungsbeiträge im Tarifgebiet Ost steigen von 35 EUR auf 42,50 EUR monatlich (arbeitstäglich von 1,75 EUR auf 2,13 EUR). 
    • In Tarifgebiet West bleiben die Zusatzversorgungsbeiträge unverändert.

    Dienstpflichtige Arbeitnehmer: 

    • Für gewerbliche Arbeitnehmer werden künftig 3,2 % der Bruttolohnsumme (basierend auf zuletzt gemeldetem Bruttostundenlohn und 173 Stunden pro Monat) gezahlt. Das ersetzt die bisherigen Pauschalbeträge (West vorher 78 EUR, Ost vorher 15 EUR). 
    • Für dienstpflichtige Angestellte werden unveränderte Beiträge im Tarifgebiet West, im Osten steigen die Beiträge deutlich (monatlich von 27,50 EUR auf 42,50 EUR) gezahlt.

    Auszubildende: 

    • Beiträge bleiben bei 20 EUR pro Monat. 

Herausforderung für Bauunternehmen: Kurzfristige Umsetzung neuer Tarifänderungen und fehlende Allgemeinverbindlichkeit

 

Die Annahme des neuen Tarifvorschlags für das Baugewerbe am 18. Juni 2025 stellt viele Unternehmen vor große organisatorische Herausforderungen. Insbesondere die sehr kurzfristige Umsetzung der neuen Beitragssätze bereitet in der Praxis Schwierigkeiten. Personalabteilungen und Lohnabrechnungsstellen müssen die Änderungen ohne ausreichenden Vorlauf umsetzen – und das, obwohl die gesetzliche Verbindlichkeit derzeit noch aussteht.

Unsicherheit durch fehlende Allgemeinverbindlichkeit

 

Die neuen tariflichen Regelungen treten nicht automatisch für alle Betriebe in Kraft. Erst wenn das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) die Allgemeinverbindlichkeit offiziell bestätigt, gelten die Änderungen verbindlich für die gesamte Branche. Bis dahin bleibt unklar, inwieweit Unternehmen zur Anwendung der neuen Beitragssätze verpflichtet sind. Diese rechtliche Unsicherheit betrifft sowohl die korrekte Abrechnung als auch die organisatorische Umsetzung.

Vorbereitung auf neue Anforderungen

 

Unabhängig vom Zeitpunkt der Allgemeinverbindlichkeit empfiehlt es sich, bereits jetzt interne Prozesse anzupassen. Insbesondere die digitale Bereitstellung von Bescheinigungen sowie neue Meldepflichten erfordern technisches und personelles Umdenken. Frühzeitige Maßnahmen können helfen, unnötige Korrekturen und Rückfragen zu vermeiden.

Die Änderungen in den Tarifverträgen erfordern rasche Umstellung in den Unternehmen und Programmänderungen bei den Softwareherstellern.

Portraet Michael Heitling Pm Nevaris Finance | Bausoftware Der Zukunft | Nevaris Bausoftware

Michael Heitling

Product Manager NEVARIS

Fazit und Empfehlung

 

Die tariflichen Änderungen im Baugewerbe bringen langfristig wichtige Anpassungen mit sich, die Effizienz und Fairness in der Branche stärken sollen. Kurzfristig jedoch erfordert die Umsetzung ein hohes Maß an Flexibilität und Aufmerksamkeit.

Unternehmen sollten die Entwicklungen rund um die Allgemeinverbindlichkeit aufmerksam verfolgen und sich bei Unsicherheiten rechtzeitig mit der SOKA-BAU oder einem fachkundigen Berater abstimmen. So lassen sich rechtliche Risiken minimieren und betriebliche Abläufe sicherstellen.