Bauen mit Holz – der neue Standard?

Eva Marion Beck

Bauen mit Holz ist weit mehr als ein momentaner Trend. Holz als nachhaltiger Baustoff eröffnet nicht nur eine Vielzahl an Gestaltungsmöglichkeiten, sondern sorgt obendrein für eine Substitution der klimaschädlichen Emissionen. Warum das aber längst nicht alle Aspekte sind, die für Holz als Baumaterial sprechen, erfahren Sie in diesem Artikel.

Der Baustoff Holz in der Praxis

In München wird derzeit die größte zusammenhängende Holzbausiedlung Deutschlands erbaut. Mit ihren rund 560 Wohneinheiten nimmt die ökologische Mustersiedlung “Prinz-Eugen-Park“ knapp ein Drittel des Neubauquartiers ein, das auf einem rund 30 ha großen ehemaligen Kasernengelände entsteht. Vom reinen Holzbau über Hybridbauweisen mit Stahlbetontreppenhäusern bis hin zu Stahlbetonskelettbauten mit Holzfassaden findet man in acht individuellen Holzbauprojekten verschiedene Holzbauweisen realisiert. Über Brandschutzprobleme, die die Fertigteilhäuser in den 1960er und 1970er Jahren noch aufwiesen, braucht man sich bei einem Projekt wie „Prinz-Eugen-Park“ zum Glück heute keine Gedanken mehr zu machen. Das moderne „Hightech-Holz“ besteht aus lagenweise verleimten Holzplatten und lässt sich leicht mit Metallen mischen, was für mehr Stabilität und einen verbesserten Brandschutz sorgt. Durch innovative Konstruktionen wie z.B. Holz-Stahlbeton-Verbunddecken und den Einsatz nichtbrennbarer Gipsfaserplatten geht der garantierte Brandschutz sogar weit über die gesetzlich definierten Brandschutzauflagen hinaus.

Holz als Baumaterial speichert CO2

Die Siedlung „Prinz-Eugen-Park“ ist ein Pilotprojekt, das europaweit Beachtung findet. Dabei liegt das Augenmerk aber nicht nur auf den bautechnischen, sondern auch auf den ökologischen Aspekten: Insgesamt werden in den Holzanteilen der Gebäude langfristig etwa 13.000 Tonnen Kohlendioxid gespeichert! Im Vergleich mit der mineralischen Bauweise können durch die Holzbauweise je nach Holzanteil bis zu 60 % der klimaschädlichen Emissionen substituiert werden.

 

Während Stahl, Zement und Ziegel bei ihrer Herstellung CO2-Emissionen verursachen – nahezu 8 Prozent des globalen CO2-Ausstoßes entstehen bei der Zementherstellung! – kann Holz Treibhausgase aufnehmen und so „unschädlich machen“. Der Wald fungiert also als „Luftreiniger“, indem er Staub und Ruß in Baumstämmen und Ästen aufnimmt und in Sauerstoff umwandelt. Für einen effizienten Klimaschutz und bessere Luft in der Stadt wäre ein urbaner „Häuserwald“ aus Holzgebäuden also optimal.

© Sigurd Maier, Holzbauwelt.de

Bauen mit Holz – mittels Holzbauweise

Aber auch die reine Aufstockung mit Holzmodulen ist schon ein großer Schritt. Diese wird für die urbane Nachverdichtung immer attraktiver, da die Holzleichtbauweise durch ihr geringes Gewicht die Statik eines Gebäudes nicht ungünstig beeinflusst. Ob der Umwelt oder der kriselnden deutschen Forstwirtschaft zuliebe – die städtischen Programme zur Förderung des Holzbaus schießen aus dem Boden. In München wird in Zukunft eine 50-prozentige Bebauung in Holzbauweise bei der Vergabe städtischer Grundstücke angestrebt. Nach „Prinz-Eugen-Park“ stehen schon vier weitere Siedlungen in den Startlöchern.

Holz als Baustoff der Zukunft?

Eines der Architektenbüros, die Prinz-Eugen-Park geplant haben, ist Kaden+Lager, die sich europaweit mit Holzbauarchitektur einen Namen gemacht haben. 2019 haben die in Berlin ansässigen Architekten im Stadtteil Adlershof für die Wohnungsbaugesellschaft HOWOGE eines der ersten Holzbau-Projekte im sozialen Wohnungsbau umgesetzt – drei mehrgeschossige Gebäude mit 42 Wohneinheiten in Holzhybridbauweise. 2020 erhielten Kaden+Lager den renommierten Deutschen Nachhaltigkeitspreis Architektur für ihr Holzhochhaus SKAIO in Heilbronn, mit 10 Geschossen bislang das höchste in Deutschland und ebenfalls staatlich gefördert. Auf die Frage, wie er die Zukunft von Holz als Baustoff sieht, fasst sich Markus Lager, geschäftsführender Gesellschafter Kaden+Lager, kurz: „In 5 Jahren wird Holzbau-Architektur im Straßenbild völlig normal sein. Holz ist ein Superbaustoff, auf den zu verzichten sich unsere Gesellschaft nicht mehr leisten kann.“

Sozialer Wohnungsbau "uh" in Berlin-Adlershof © Kaden + Lager

Digitalisierung im Holzbau

Gerade im kommunalen Wohnungsbau mit Holz gehen nachhaltiges Bauen und Digitalisierung Hand in Hand. Wohn-Holzmodule werden seriell in der Produktion gefertigt und komplett ausgetattet – bis hin zur Steckdose. Die Module können innerhalb kürzester Zeit auf der Baustelle montiert werden. Für die überwiegend klein- und mittelständisch strukturierte Holzbaubranche ist daher auch eine Einführung und Verbreitung moderner Technologien immens wichtig, um ihre Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten. Diese soll seit neuestem unterstützt werden durch die Richtlinie „Förderung des Klimafreundlichen Bauens mit Holz“ des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft sowie durch das „Bundesprogramm zur Förderung von Investitionen in der Holzwirtschaft“, die am 4. März 2021 in Kraft getreten sind. Förderfähig ist u.a. die Buchung von Beratungsleistungen, die die Digitalisierung und Automatisierung von Prozessen sowie Kooperationen im Holzbau unterstützen.

Großes Interesse am Bauen mit Holz für Einfamilienhäuser

Aber nicht nur der digitalisierte Holzmodulbau nimmt an Fahrt auf, auch im Einfamilienhaus-Segment boomt der Baustoff Holz. Uwe Siepmann, Inhaber des mittelständischen Zimmerei- und Baubetriebs Siepmann Holzbau GmbH in Mülheim an der Ruhr, beobachtet seit 1 – 2 Jahren ein stark wachsendes Interesse an seinen ökologischen „Fair Trade“-Häusern, von denen jedes ein Unikat ist. „Das ist auch eine Generationenfrage“, mutmaßt er. „Nach Fridays For Future kommen die Kinder zu ihren Eltern und stellen unbequeme Fragen über ihr Umweltverhalten und den dicken SUV. Und vielleicht trägt auch Corona dazu bei, dass die Leute darüber nachdenken, was für ein gesundes, bewusstes Leben langfristig wichtig ist.“

Die vorgefertigten Holzbau Fassaden werden verpackt © Siepmann Holzbau

Diese Vorteile hat der Baustoff Holz

10-11 Häuser baut Siepmann mit seinem 16köpfigen Team im Jahr. In der maschinell bestens ausgestatteten CNC-Fertigung werden die Hauswandtafeln doppelseitig beplankt und die Fenster integriert. Der Rest wird auf der Baustelle gemacht. Es ist vor allem diese Verbindung von moderner Technik mit traditionellem Handwerk, die Siepmann Spaß macht. Und auch für das vielseitige Naturmaterial Holz kann er sich nach 25 Jahren immer noch begeistern. „Holz ist das einzige Baumaterial, das Kohlendioxid bindet.“, sagt er. „Es ist im Vergleich zum Eigengewicht sehr stabil, hat großartige Dämmeigenschaften und man kann es wunderbar bearbeiten. Und natürlich riecht es gut und schafft ein heimeliges Raumklima.“

 

Die Sparte Zimmerei und Ingenieurholzbau verzeichnete 2020 übrigens das größte Wachstum innerhalb des deutschen Bauhauptgewerbes. Bleibt nur, sich dem Fazit der aktuellen Studie des Zukunftsinstituts Frankfurt zum Thema „Wohnen von morgen“ für die Darmstädter HEAG anzuschließen: „Das Haus der Zukunft ist aus Holz.“

Übersicht über aktuelle Fördermöglichkeiten für Betriebe der Holzwirtschaft und im Holzbau:

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Bildnachweis: Georgi Roshkov/Shutterstock.com, Sigurd Maier, Holzbauwelt.de; Kaden + Lager; Siepmann Holzbau