Wie geht es der Baubranche in Zukunft? Dieser spannenden Frage gehen wir in diesem Artikel nach. Wir werfen einen Blick auf die bisherige Entwicklung der Baubranche sowie auf die aktuellen Prognosen zur Baukonjunktur 2024 und 2025 in Deutschland.
Zahlen aus 2023: Baukonjunktur in Deutschland
2022 hatten wir prognostiziert, dass das Jahr 2023 ein durchwachsendes Jahr für die Baubranche werden würde. Herausforderungen wie Baustoffmangel, hohe Baustoffpreise, steigende Zinsen und die damit einhergehende geringere Nachfrage von Bauleistungen sollten die Branche prägen und die Baukonjunktur im Jahr 2023 negativ beeinflussen.
Sinkende Umsätze in den ersten Monaten 2023
Die reale Entwicklung der Baubranche von Januar bis September 2023 sah wenig rosig aus. Laut Statistischem Bundesamt ergibt sich folgendes Bild:
Umsatz im Bauhauptgewerbe, Januar bis September 2023:
- -3,6 Prozent zum Vorjahreszeitraum (real)
- +4,9 Prozent zum Vorjahreszeitraum (nominal)
Auftragseingang im Bauhauptgewerbe, Januar bis September 2023:
- -5,6 Prozent zum Vorjahreszeitraum (real, kalender- und preisbereinigt)
- +3,3 Prozent zum Vorjahreszeitraum (nominal)
Fortdauernde Krisen bremsen Baukonjunktur 2023
Auch im Jahr 2023 wurde die Bauwirtschaft weiterhin maßgeblich von den Auswirkungen des Krieges in der Ukraine und den damit einhergehenden Herausforderungen beeinflusst. Steigende Energiepreise und die zunehmende Inflation verstärkten die bereits angespannte wirtschaftliche Situation und wirkten sich negativ auf die Baukonjunktur in Deutschland aus.
Laut dem Statistischen Bundesamt fiel die Inflationsrate im November 2023 auf den niedrigsten Stand seit August 2021, bewegte sich aber weiterhin auf einem sehr hohen Niveau. Im Vergleich zum Vorjahresmonat stiegen die Verbraucherpreise im November 2023 um 3,2 Prozent, was die anhaltende Tendenz zu einer hohen Inflation in Deutschland seit Juli 2021 unterstreicht.
Weniger Aufträge, mehr Stornierungen
Die weltwirtschaftliche Lage machte eine Planung unmöglich. Die Material- und Energiepreise jagten einen Rekord nach dem anderen. Laut ifo-Institut waren im Oktober 2023 22,2 Prozent der befragten Unternehmen von Stornierungen im Wohnungsbau betroffen – ein neuer Höchststand. „Es wird immer schlimmer, mehr und mehr Projekte scheitern am gestiegenen Zinsniveau und den teuren Baupreisen“, so Klaus Wohlrabe, Leiter der ifo-Umfragen.
Die Anzahl der Baugenehmigungen ging laut den Angaben des Statistischen Bundesamts drastisch zurück:
- -37,8 Prozent bei Einfamilienhäusern
- -52,5 Prozent bei Zweifamilienhäusern
- -28,0 Prozent bei Mehrfamilienhäusern
Von Januar bis August 2023 wurden 69.100 Wohnungen weniger genehmigt als im Vorjahreszeitraum – das entspricht einem Rückgang von 28,3 Prozent. Besonders bemerkbar machte sich der Negativtrend bei Ein- und Zweifamilienhäusern.
Wie sich diese Fakten konkret auf die Entwicklung der Baubranche auswirkten, zeigt die Tagesschau im folgenden Video:
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Mehr InformationenZiel der Regierung im Wohnungsbau nicht haltbar
Das Ziel der Bundesregierung, jährlich 400.000 neue Wohnungen zu errichten, wurde bereits 2022 deutlich verfehlt. Laut Destatis wurden 2022 lediglich 295.300 Wohnungen fertiggestellt. Berechnungen des ifo Instituts zufolge konnte das Ziel auch 2023 nicht erreicht werden. Das Institut rechnete mit einer Fertigstellung von rund 245.000 Wohnungen. Grund hierfür seien vor allem die „erhebliche Verteuerung der Finanzierung und der Bauleistungen“.
Im Talk mit ARD-Moderatorin Sandra Maischberger im September 2023 stellte Bauministerin Klara Geywitz klar, dass das Wahlversprechen, 400.000 neue Wohnungen pro Jahr, in dieser Legislaturperiode nicht eingehalten wird (Quelle: WELT). Das Versprechen sei schon von Anfang an sehr ambitioniert gewesen und aufgrund der aktuellen strukturellen Probleme und Zinssteigerungen im Jahr 2023 nicht umsetzbar.
Zukunft der Baubranche: Prognose zur Entwicklung 2024
Explodierende Baustoffpreise, knappes Baumaterial, Fachkräftemangel und eine hohe Inflation – die unsichere weltwirtschaftliche Lage macht eine genaue Konjunkturprognose für die Bauwirtschaft im Jahr 2024 schwierig. Dennoch haben wir hier ein paar Einschätzungen für Sie gesammelt.
Ambitionierte Ziele des „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“
Seit Anfang 2022 gibt es das „Bündnis bezahlbarer Wohnraum“ als Projekt der Ampel-Koalition. Am 25. September 2023 fand der zweite Bündnistag statt, der den Bericht „Maßnahmen der Bundesregierung für zusätzliche Investitionen in den Bau von bezahlbarem und klimagerechtem Wohnraum und zur wirtschaftlichen Stabilisierung der Bau- und Immobilienwirtschaft“ hervorbrachte. Hier sind einige der dort festgehaltenen Maßnahmen:
- Für den sozialen Wohnungsbau sollen den Ländern von 2022 bis 2027 Programmmittel in Höhe von insgesamt 18,15 Milliarden Euro bereitgestellt werden.
- Nachhaltiges Bauen soll in den Fokus rücken. Dabei wird der gesamte Lebenszyklus eines Gebäudes hinsichtlich des CO2-Ausstoßes für Baumaterialien, Flächen und Energie betrachtet.
- Für den Umbau von Gewerbeimmobilien zu Wohnraum sollen 2024 und 2025 insgesamt 480 Millionen Euro Programmmittel im Rahmen eines neuen KfW-Förderprogramms bereitgestellt werden.
- Die Heizwende soll vorangetrieben werden, indem Hauseigentümer beim Einbau neuer, klimafreundlicher Heizungsanlagen durch die BEG-Sanierungsförderung finanziell unterstützt werden sollen.
- Für das serielle und modulare Bauen sollen in Zukunft einmal erteilte Typengenehmigungen bundesweit gelten.
400.000 Wohnungen pro Jahr sind nicht realistisch
All diese Maßnahmen sollen das große Ziel, 400.000 Wohnungen pro Jahr fertigzustellen, unterstützen. Verschiedene Prognosen zeigen allerdings, dass dieses Ziel in naher Zukunft nicht erreicht werden wird:
- Für 2023 erwartete der ZDB die Fertigstellung von 271.000 Wohneinheiten. Im Jahr 2024 rechnet der Verband, nach den derzeitigen Investitionsbedingungen, nur noch mit der Fertigstellung von 235.000 Wohnungen.
- Das ifo Institut prognostiziert sogar noch niedrigere Zahlen: Ihren Berechnungen zufolge werden 2024 lediglich 210.000 Wohnungen fertiggestellt. Für das Jahr 2025 rechnen sie mit einer Fertigstellung von rund 175.000 Wohnungen in neuen Wohngebäuden.
Schlechte Prognosen für die Baubranche 2024
Am 6. Dezember 2023 verkündete der Zentralverband des deutschen Baugewerbes (ZDB) seine Prognosen für die Bauwirtschaft im Jahr 2024.
2024 soll der Umsatz laut ZDB im Bauhauptgewerbe real um 3 Prozent sinken.
Der nominale Umsatz von 162,5 Milliarden Euro im Jahr 2023 soll im Jahr 2024 auf 154,4 Milliarden Euro fallen. 2024 soll außerdem die Anzahl der Beschäftigten deutlich sinken – um ganze 30.000 Mitarbeitende. Das hätte zur Folge, dass die Anzahl der Beschäftigten im Bauhauptgewerbe unter die Marke von 900.000 Beschäftigten fallen würde.
Umsätze im Wohnungsbau sinken am stärksten
Laut ZDB leide insbesondere der Wohnungsbau unter den weltwirtschaftlichen Folgen und verzeichne seit eineinhalb Jahren einen permanenten Auftragsrückgang, welcher sich auch 2024 nicht dem Ende zuneigt. Im Bereich Wirtschaftsbau und öffentlicher Bau hingegen ist 2024 insgesamt mit einer leicht aufsteigenden Tendenz zu rechnen. Folgende Entwicklung sieht der Verband voraus:
Realer Umsatz im Wohnungsbau:
- 2023: -10,6 Prozent
- 2024: -13,3 Prozent
Realer Umsatz im Wirtschaftsbau:
- 2023: -2,0 Prozent
- 2024: +2,7 Prozent
Realer Umsatz im öffentlichen Bau:
- 2023: -1,8 Prozent
- 2024: +2,7 Prozent
In absoluten Zahlen sowie mit nominaler Veränderung sehen die Prognosen für die Baubranche des ZDB so aus:
Im Wohnungsbau muss die Baubranche laut Prognosen für 2024 einen erheblichen Umsatzrückgang erwarten.
Forderungen des ZDBs für 2024
Schubert-Raab, Präsident des ZDB, fordert die Bundesregierung auf, für das Jahr 2024 schnell Planungssicherheit zu schaffen. Seine Forderungen konzentrieren sich besonders auf die Sicherstellung der Budgetierung für Schlüsselbereiche wie Wohnungsbau, Infrastruktur sowie Klima- und Energiewende. Außerdem fordert er:
„Wir brauchen zügig grünes Licht für die Investitionen und Erleichterungen beim Kurzarbeitergeld ab April 2024, um die Beschäftigten halten zu können. Insgesamt brauchen wir eine Wirtschaftspolitik, die für vernünftige und verlässliche Rahmenbedingungen sorgt. Dazu gehören auch konkurrenzfähige Steuern, eine Abgabenlast von maximal 40 % und wettbewerbsfähige Energiepreise.“ – Schubert-Raab, ZDB
Baukonjunktur in Österreich & der Schweiz
Ein ähnliches Bild wie in Deutschland zeichnet die Stimmung und die Entwicklung der Baukonjunktur in Österreich und der Schweiz. Auch hier waren die Bauunternehmen 2022 und 2023 mit explodierenden Baustoffpreisen, Inflation und eklatantem Fachkräftemangel konfrontiert.
Fachkräftemangel: Personelle Kapazitätsgrenzen erreicht
In der österreichischen Bauindustrie herrscht weiterhin ein akuter Fachkräftemangel, der sich negativ auf die gesamte Branche auswirkt. Besonders mittelständische Betriebe sind von dem Mangel betroffen, welcher durch den demografischen Wandel und die Abwanderung von Arbeitskräften verschärft wird (Quelle: ÖGVS). WKÖ-Präsident Mahrer fordert eine Strategie für qualifizierte Zuwanderung, um den hohen Arbeitskräftebedarf zu decken und offene Stellen zu besetzen (Quelle: WKO).
Auf und Ab in der Bauwirtschaft
Laut Konjunkturerhebung der WKO stieg der Auftragsbestand im österreichischen Baugewerbe im 3. Quartal 2022 leicht auf durchschnittlich 17,9 Wochen an, wobei die Entwicklung regional unterschiedlich verlief.
Dies setzte sich 2023 nicht ganz fort. Im dritten Quartal 2023 sank der Auftragsbestand im österreichischen Baugewerbe auf 14,5 Wochen. Insgesamt beurteilten die Geschäftslage im 3. Quartal 2023
- 20 Prozent der Betriebe mit „gut“ (29 Prozent im Vorjahr)
- 42 Prozent mit „saisonüblich“ (50 Prozent im Vorjahr)
- 38 Prozent mit „schlecht“ (21 Prozent im Vorjahr)
Positiver sieht die Entwicklung in der Schweiz aus: Im 3. Quartal 2022 verzeichnet der Bauindex Schweiz laut Credit Suisse AG / SBV einen Anstieg von 145 Punkten im 3. Quartal 2021 auf einen neuen Höchststand von 158 Punkten. Auch im 3. Quartal 2023 stieg der Index weiter an und verzeichnete gegenüber dem Vorjahresquartal einen Anstieg um 2 Prozent.
Erholung nach Stagflation in Österreich
Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) gab in seinem Bericht aus Oktober 2022 bekannt, dass die österreichische Wirtschaft das erste Mal seit den 1970er-Jahren auf eine Stagflation zusteuert. Dem verarbeitenden Gewerbe drohte die Rezession.
Im Jahr 2023 zeichnete sich eine allmähliche Erholung der Wirtschaftslage ab, wie aus einem Bericht der Österreichischen Nationalbank (OeNB) vom Juni 2023 hervorgeht. Für das Jahr 2023 wurde ein moderates BIP-Wachstum von 0,5 Prozent erwartet. Diese positive Wendung deutete auf eine Stabilisierung der Wirtschaft hin.
Das Österreichische Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) gab in seinem Bericht aus Oktober 2023 bekannt, dass die österreichische Wirtschaft eine milde Rezension (-0,8 Prozent) erlebt. Im Jahr 2024 führen signifikante Zuwächse im Realeinkommen und eine Belebung des globalen Handels zu einer Erholung der Konjunktur, wobei das reale Bruttoinlandsprodukt um 1,2 Prozent steigt. In der Baubranche hingegen wird sich die Rezession weiter verschärfen: Erst ab 2025 erwartet das WIFO eine allmähliche Stabilisierung der Nachfrage im Hochbau. Im Tiefbau hingegen ist noch bis zum Jahr 2026 mit einem weiteren realen Wachstum zu rechnen.
Schwankende Dynamik im Schweizer Baugewerbe
Im Jahr 2022 hielt die Schweizer Baubranche ihr hohes Aktivitätsniveau aufrecht und erzielte einen Umsatz von 23,3 Milliarden Schweizer Franken, was einem nominalen Anstieg von 0,7 Prozent gegenüber 2021 entspricht. Trotz dieses Wachstums verzeichnete die Branche aufgrund des signifikanten Anstiegs der Materialkosten einen realen Produktionsrückgang von 2,0 Prozent, was zu sehr niedrigen Gewinnmargen führte (Quelle: SBV).
Nach einem starken Jahresbeginn verzeichnete das Schweizer Bauhaupt- und Ausbaugewerbe im März 2023 einen stagnierenden Trend. Die Hochbausumme wuchs im Vergleich zum Vorjahresmonat nur marginal um 0,2 Prozent, mit regionalen Unterschieden. Besonders stark war der Rückgang im Mehrfamilienhausbau. Im März fiel die Summe der Mehrfamilienhäuser um 13,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat (Quelle: Baublatt).
Auch im November 2023 musste das Schweizer Bauhaupt- und Ausbaugewerbe einen deutlichen Rückgang in der Hochbausumme gegenüber dem Vorjahresmonat hinnehmen. Während die Deutschschweiz einen signifikanten Rückgang von 17,6 Prozent verzeichnete, konnten die Romandie und das Tessin ein Wachstum erzielen, was auf starke regionale Unterschiede in der Bautätigkeit hinweist (Quelle: Baublatt).
Laut Bauindex wird in der Schweiz für das Jahr 2024 ein leichter Umsatzrückgang erwartet. Die Prognosen für die Baubranche gehen davon aus, dass die Bautätigkeit im Hochbau um 2 Prozent und im Tiefbau um 1,5 Prozent zurückgehen wird. Die öffentlichen Aufträge dürften stabil bleiben, während die privaten Bauvorhaben leicht sinken. Die steigende Attraktivität des Wohnungsbaus könnte zusammen mit politischen Maßnahmen dazu führen, dass dieser Bausektor ab 2025 wieder mehr Umsatz generiert (Quelle: Schweizer Baumeisterverband).
Zukunft der Baubranche: Unvorhersehbar und spannend.
Fazit: Durchwachsene Zukunft der Baubranche für 2024 erwartet
Baustoffmangel, hohe Baustoffpreise, steigende Zinsen, die damit einhergehende geringere Nachfrage von Bauleistungen und vieles mehr wirkt sich negativ auf die Baukonjunktur im Jahr 2024 in Deutschland aus. Insbesondere im Wohnungsbau sind – trotz ambitionierter Ziele der Bundesregierung – die Prognosen für das kommende Jahr nicht rosig. Zudem wird ein deutlicher Rückgang der Anzahl der Beschäftigten erwartet.
Eine langsame Erholung und ein erneutes Wachstum des gesamten Hochbaus prognostiziert EY-Parthenon erst ab 2025, sofern sich bis dahin die Inflation erholt und sich die makroökonomische Lage weitgehend stabilisiert hat. Insgesamt wird für 2025 ein Wachstum des Bauvolumens von 1,9 Prozent gegenüber 2024 erwartet. Diese Stabilisierung ist unter anderem auf das stetige Wachstum des Renovierungsvolumens zurückzuführen. Neue Förderprogramme, Subventionen und Zinssenkungen könnten den Hochbau zusätzlich beleben (Quelle: EY-Parthenon Hochbauprognose 2023).
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