Baubranche: Fachkräfte aus dem Ausland rekrutieren

Wie es klappt und was Unternehmen beachten müssen

Der Fachkräftemangel in der Baubranche bringt aktuell immer wieder den Bauzeitplan von Projekten ins Schlingern. Arbeitskräfte für Bauprojekte aus dem Ausland zu rekrutieren, kann Teil der Lösung sein. In diesem Artikel erfahren Sie, wann die Rekrutierung von Fachkräften für Bauunternehmen sinnvoll sein kann, und erhalten eine Anleitung zur Anwerbung europäischer Talente. Denn Unternehmen müssen gesetzliche Vorgaben einhalten.

Der europäische Arbeitsmarkt für die Baubranche ist multinational

Was außerhalb der Branche ein Grund zur Freude ist, führt bei Bauunternehmen zu neuen Herausforderungen: Der deutsche Bauarbeitsmarkt hat kaum noch ungenutzte Arbeitskräfte. [Quelle: Fachverband Bauindustrie]

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2022 gab es so wenige arbeitslose Baufacharbeitende wie nie zuvor.

Daran änderte auch ein kleiner Anstieg während der Coronapandemie im Jahr 2020 nichts. Zwar gelang es vielen Baufirmen in den letzten Jahren, mehr Mitarbeitende einzustellen. Und das trotz des Mangels an Auszubildenden, welche Fachkräfte ersetzen könnten, die in den Ruhestand gehen. Doch reicht dies bei Weitem nicht aus: Es fehlen Mitarbeitende auf dem Bau.

 

Zunehmend decken Bauunternehmen deshalb ihren Bedarf an Fachkräften, indem sie Fachpersonal aus anderen europäischen Ländern rekrutieren.

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Der Anteil ausländischer Mitarbeitender in den Belegschaften des Bauhauptgewerbes ist von 8 Prozent im Jahr 2010 auf 23 Prozent im Jahr 2022 gestiegen. Der Anteil hat sich somit fast verdreifacht.

Im Hochbau liegt die Quote sogar bei 36 Prozent. Auch der Einsatz von Nachunternehmen aus anderen Mitgliedstaaten der Europäischen Union ist häufiger geworden. Die Zahl der nach Deutschland entsandten Arbeitnehmenden ist in der Folge gestiegen: von 51.240 im Jahr 2009 auf 93.200 im Jahr 2022. [Quelle: Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V.]

So multinational sind Arbeitskräfte in Österreich

In Österreich ist es ähnlich. Auch hier tragen internationale Fachkräfte wesentlich zur heimischen Wertschöpfung bei. Fast 40 Milliarden Euro, und somit etwa zehn Prozent der Wirtschaftsleistung, werden von Arbeitskräften ohne österreichische Staatsbürgerschaft erbracht. Am meisten profitiert Wien von ausländischen Fachkräften, gefolgt von Nieder- und Oberösterreich.

Die Herkunftsländer für Fachkräfte und ihre spezifischen Fähigkeiten in der Schweiz

Die Schweiz als Nicht-EU-Land beschäftigt ebenfalls einen hohen Anteil an Fachkräften aus dem Ausland. Eine Übersicht der Beschäftigten auf Baustellen nach Nationalitäten zeigt: 35,4 Prozent haben eine Schweizer Staatsbürgerschaft, gefolgt von 31,6 Prozent aus Portugal, 11,9 Prozent aus dem benachbarten Italien, 6,1 Prozent aus dem ehemaligen Jugoslawien und 3,6 Prozent aus dem angrenzenden Deutschland.

Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/486550/umfrage/nationalitaetenstruktur-des-baustellenpersonals-im-bauhauptgewerbe-in-der-schweiz/

Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/486550/umfrage/nationalitaetenstruktur-des-baustellenpersonals-im-bauhauptgewerbe-in-der-schweiz/

Rechtliche Rahmenbedingungen und Neuerungen für ausländische Fachkräfte in Deutschland

In Deutschland dürfen EU-Bürger:innen ohne Einschränkungen arbeiten. Die sogenannte uneingeschränkte Arbeitnehmerfreizügigkeit gilt auch für Staatsangehörige aus Norwegen, Liechtenstein, Island und der Schweiz. Sie brauchen keine spezielle Arbeitserlaubnis, um in Deutschland beruflich tätig zu werden. Aber auch Personen aus anderen Ländern können unter bestimmten Bedingungen Zugang zum deutschen Arbeitsmarkt erhalten.

Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz

Die deutsche Bundesregierung hat kürzlich mit einem reformierten Fachkräfteeinwanderungsgesetz die Weichen neu gestellt. Das Ziel: den Weg von ausländischen Fachkräften in den deutschen Arbeitsmarkt deutlich erleichtern. Der Bundestag hat dieses Gesetz im Juni 2023 beschlossen. Ausländische Fachkräfte mit Berufsausbildung und Personen mit berufspraktischen Kenntnissen sollen künftig leichter nach Deutschland einwandern können.

 

Dies sind die Neuerungen:

Ab März 2024 tritt eine neue Regelung in Kraft. Personen mit mindestens zwei Jahren Berufserfahrung und einem im Herkunftsland staatlich anerkannten Abschluss können in Deutschland arbeiten. Der Abschluss muss in Deutschland nicht anerkannt sein. Dies führt zu weniger bürokratischem Aufwand und kürzeren Verfahrenszeiten.

Ab November 2024 dürfen Personen mit einem in Deutschland anerkannten Abschluss jede qualifizierte Tätigkeit aufnehmen. Unabhängig davon, ob die Qualifikation direkt mit der Beschäftigung zusammenhängt. Dies gilt, wenn ihr ausländischer Abschluss hier vollständig anerkannt ist oder einem deutschen Abschluss gleichsteht. Grundlage ist der „Fachkräftetitel“ gemäß §§ 18a, 18b AufenthG.

Kurzfristige Anstellung ausländischer Fachkräfte ist unkomplizierter möglich

Das neue Fachkräfteeinwanderungsgesetz ermöglicht auch eine begrenzte, kurzfristige Anstellung in besonders nachgefragten Branchen. Personen können für bis zu acht Monate in Deutschland arbeiten, auch ohne spezifische Qualifikationen – vorausgesetzt, der Arbeitgeber hält sich an Tarifverträge und der Arbeitnehmer zahlt ab dem ersten Arbeitstag Sozialversicherungsbeiträge.

 

Ab Juni 2024 gilt eine neue Westbalkanregelung: Bürger aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, dem Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien dürfen dann in Deutschland in nicht-reglementierten Berufen arbeiten. Diese ursprünglich bis Ende 2023 befristete Regelung wurde unbefristet verlängert. Das jährliche Kontingent für die Zustimmung der Bundesagentur für Arbeit wird auf 50.000 festgelegt. Diese Maßnahmen sollen die Zuwanderung internationaler Fachkräfte erleichtern.

Der Fachkräftemangel führt bereits regelmäßig zu erheblichen Verzögerungen bei Bauvorhaben, de Bauherren in Kauf nehmen müssen.

Planung der Rekrutierung von ausländischen Fachkräften im Baugewerbe

Sie haben aktuell einen Engpass an Arbeitskräften und möchten Fachkräfte aus dem Ausland anwerben? Dann ist es als Erstes wichtig, Ihren Bedarf zu kennen.

  • In welchem Bereich brauchen Sie Arbeitskräfte?
  • Welche Fähigkeiten und Qualifikationen sollen Bewerber:innen mitbringen?
  • Für welchen Zeitraum brauchen Sie die Arbeitskräfte?

Als Nächstes erstellen Sie Ihre Rekrutierungsstrategie. Möchten Sie Bewerber:innen direkt ansprechen, setzen Sie auf die Agentur für Arbeit oder nutzen Sie den Service von Vermittlungsagenturen? Stellenangebote im Karrierebereich der Unternehmenswebsite wirken eher bei namhaften Unternehmen, Ausschreibungen über Jobportale richten sich an aktiv Jobsuchende. Eine direkte Ansprache von möglichen Interessenten über Anzeigen in sozialen Netzwerken wie Facebook, Instagram oder LinkedIn weckt dagegen auch das Interesse von Wechselwilligen.

 

Tipp: Sie können Arbeiten auch von ausländischen Subunternehmern ausführen lassen.

  • Einige Agenturen spezialisieren sich auf die Rekrutierung von Fachkräften aus dem Ausland. Sie haben in der Regel einen Pool an Interessierten und arbeiten zusätzlich mit Anzeigenkampagnen. Damit können sie grundsätzlich alle Zielgruppen in allen Ländern ansprechen.
  • Suchen Sie im europäischen Job- und Informationsportal EURES nach passenden Bewerberinnen und Bewerbern. EURES ist ein Netzwerk der EU, das den europaweiten Arbeitskräfteaustausch unterstützt. Es bietet mehr als 1.000 Berater:innen für Arbeitgeber:innen und Arbeitnehmer:innen. In Deutschland wird EURES durch die Bundesagentur für Arbeit repräsentiert, die Firmen bei der Suche nach Fachkräften aus Europa berät und unterstützt. Online-Stellenanzeigen im Job-Portal sind kostenlos.

Integration und Bindung ausländischer Fachkräfte im Baugewerbe

Sie haben Ihre neuen Arbeitskräfte gefunden und möchten sie nun erfolgreich in Ihrem Unternehmen einsetzen? Dann ist es nun wichtig, an ein gutes Einführungsprogramm und Training für die neuen Mitarbeitenden zu denken. Der Aufbau eines unterstützenden Arbeitsumfeldes für ausländische Fachkräfte lohnt sich, um sie langfristig zu halten.

Fazit

Der Fachkräftemangel in der Baubranche führt vielerorts zu Herausforderungen in der Bauausführung. Bauunternehmen sind daher gut beraten, auch gezielt ausländische Fachkräfte anzuwerben. Die gesetzlichen Rahmenbedingungen dafür werden sich 2024 noch einmal verbessern. Mit einer sorgfältigen Planung und Rekrutierungspartnern an der Seite können Bauunternehmen so passende Fachkräfte finden.

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