Corona-Krise: Nachwuchsproblem der Baubranche

Die Corona-Krise droht das Nachwuchsproblem der Baubranche zu verschärfen: Die Ausbildungszentren durften ihre Türen lange nicht öffnen, viele sind daher von Insolvenz bedroht. Ein Teufelskreis, denn mit ihnen drohen auch die hohen Qualitätsstandards der Ausbildung und viele potenzielle Nachwuchsfachkräfte wegzubrechen. Und die sind – auch und gerade in Zeiten von Corona – ein wichtiger Hebel für die Wettbewerbs- und Leistungsfähigkeit der Baubranche. Was Sie als Arbeitgeber jetzt tun können, um den Baunachwuchs zu schützen und Ihre Azubis bei der Stange zu halten.

Jetzt Baunachwuchs schützen und Azubis motivieren

Das Image der Bauwirtschaft ist bei jungen Schulabgängern nicht das beste. Den meisten ist die Arbeit auf der Baustelle zu hart und zu schlecht bezahlt. Viele Jugendliche, die den Schritt in die Baubranche wagen, brechen ihre Ausbildung vorzeitig ab. Wer es als Arbeitgeber schafft, Auszubildende an seinen Betrieb zu binden, kann sich glücklich schätzen. Und schätzt in der Regel auch die hohe Qualität ihrer Ausbildung an den circa 200 überbetrieblichen Ausbildungszentren der Bauwirtschaft.

 

Eben diese sind jetzt aber von der Schließung bedroht. Da sich die überbetrieblichen Ausbildungszentren nahezu ausschließlich aus einer Umlage der Sozialkasse der Bauwirtschaft (Soka-Bau) finanzieren, hat der von Corona erzwungene Unterrichtsstopp ihre Einnahmen auf Null heruntergefahren. Als gemeinnützige Bildungseinrichtungen fallen sie zudem noch durch das Raster der staatlichen Liquiditätssicherungsmaßnahmen – eine prekäre Situation.

Online-Lehrangebote werden ausgeweitet

Man sei im Dialog mit der Politik und guter Hoffnung, die rettenden finanziellen Zuschüsse zu erhalten, ließ Prof. Wiemann vom Bauindustrieverband NRW verlauten. Damit man aber nach Corona das alte Ausbildungsniveau wieder erreichen und vor allem jetzt verhindern kann, dass viele Azubis ihre Ausbildung frustriert abbrechen, muss schnell gehandelt werden. Um den aktuellen Schulausfall aufzufangen, haben die Zentren ihre digitalen Schulungsangebote stark ausgebaut. Manuelle Arbeitsvorgänge oder die Bedienung komplexer Baumaschinen lassen sich jedoch nur schwer über Webinare erlernen. Zumindest in kaufmännischen oder technischen Bereichen kann die Ausbildung aber über digitale Medien fortgeführt werden.

Jetzt ist es wichtiger denn je: Azubis unterstützen

Aber nicht nur die Ausbildungszentren sind gefordert. Auch die Unternehmen der Baubranche sollten ihre Azubis jetzt verstärkt unterstützen, um Ausbildungsabbrüche zu verhindern und wertvolle zukünftige Fachkräfte zu halten. Dafür muss man nicht – wie die Firmengruppe Max Bögl – Millionen in ein firmeneigenes modernes Ausbildungszentrum investieren. Ein erster wertvoller Schritt wäre es schon, Nachwuchskräften einen festen Ansprechpartner zur Verfügung zu stellen oder regelmäßige Meetings zu initiieren, in denen sie ihre Nöte und Probleme auf den Tisch bringen können.

Digitales Lernen fördern

Das Gebot der Stunde ist es zudem, Azubis digitales Lernen und Arbeiten im Unternehmen und von zu Hause zu erleichtern. Dazu brauche es genug Notebooks und Tablets in den Betrieben, so die Forderung einiger Politiker. Ein Digitalbonus für Unternehmen, wie es ihn bereits in Niedersachsen gibt als Zuschuss für Ausbildungsbetriebe, die Homeoffice-Aktivitäten fördern oder Videokonferenztechnik, Telemedizin-Technik und Ähnliches anschaffen, ist daher im Gespräch. Räumen Sie Ihren Azubis ausreichend Zeit fürs digitale Lernen ein, wenn ihre Berufsschulen Unterrichtsmaterial über Lernplattformen etc. zur Verfügung stellen.

Wegen Prüfungsausfällen mögen Ihre Azubis es trotzdem nicht schaffen, ihre Ausbildung im vorgesehenen Zeitfenster abzuschließen. Aufgrund der besonderen Situation wird vom ZDH gegenwärtig empfohlen, Ausbildungsverträge bis zum nächstmöglichen Prüfungstermin ausnahmsweise zu verlängern. Alternativ können Sie Ihre Auszubildenden auch gleich in ein Arbeitsverhältnis übernehmen, auch wenn sie noch keinen Berufsabschluss erwerben konnten. Idealerweise sollten Sie aber alles daransetzen, dass Ihre Nachwuchskräfte ihre Ausbildung trotz Quarantänemaßnahmen, Betriebs- und Berufsschulschließungen etc. abschließen können.

Vorsicht mit Kurzarbeitergeld für Azubis

Zusätzlich besteht das Problem, dass Auszubildende grundsätzlich nicht vom Kurzarbeitergeld ausgeschlossen sind und auch die Ausbildung in der Regel von den Auswirkungen der Kurzarbeit betroffen ist. Allerdings kann erst Kurzarbeit angeordnet werden, wenn der Arbeitgeber alle Mittel ausgeschöpft hat, um die Ausbildung weiter zu gewährleisten.

 

Dazu gehören z.B.

  • die Umstellung des Lehrplanes durch Vorziehen anderer Lerninhalte,
  • die Versetzung in eine andere Abteilung,
  • die Rückversetzung in die Lehrwerkstatt,
  • oder die Durchführung besonderer Ausbildungsveranstaltungen.

Spielen Sie erst alle diese Möglichkeiten durch, bevor Sie Azubis gegenüber Kurzarbeit anordnen. Und versuchen Sie, faire Regelungen zu treffen was die Höhe des ausgezahlten Kurzarbeitergeldes angeht. Nicole Simons vom IG Bau-Bundesvorstand mahnt, Unternehmen trügen Verantwortung für die Jungen in ihrem Betrieb. Und schließlich laufen Arbeitgeber Gefahr, eine wertvolle Ressource zu verlieren: die Fachkräfte und Bauarbeiter von morgen.

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