Vernetztes Bauen der Zukunft: BIM, Lean Construction, Digitaler Zwilling

Eva Marion Beck

Vernetztes Bauen mit BIM ist in aller Munde, denn die BIM-Methode sorgt für mehr Transparenz und ein effizienteres Zusammenwirken der Gewerke. Aber in Kombination mit den Prinzipien des Lean Construction und mit dem sogenannten Digitalen Zwilling erreicht die Produktivität des vernetzten Bauens und Betreibens noch ganz andere Dimensionen.

Flexibilität, Organisation und agile Methoden – in der Baubranche sind neue Arbeitsweisen gefragt. Im Fokus steht die Frage, wie die Prozesse, Gewerke und Akteure beim Bauen effektiv miteinander vernetzt werden können. Die Antwort ist: mit Building Information Modeling (BIM) und Lean Construction. Es geht bei Lean Construction im Wesentlichen darum, Ressourcen optimal einzusetzen und Verschwendung zu vermeiden.

Hier ein Überblick über die vier grundlegenden Prinzipien von Lean Construction, die beim „schlanken Bauen“ angewendet werden:

 

1. Optimierung des Flusses: 

  • Die Gewerke bewegen sich wie ein Fluss durch das Objekt
  • Definition von kleinen, sinnvollen Bereichen
  • Größtmögliche Verzahnung der Gewerke

 

2. Takt-Prinzip:

  • Sich wiederholende Arbeitsschritte werden identifiziert und optimal aufeinander abgestimmt
  • Der Takt gibt die Geschwindigkeit der Leistungserbringung für alle Gewerke an

 

3. Pull-Prinzip:

  • Erst der vom abgeschlossenen Vorgängerprozess ausgehende Impuls gibt das Signal für den Start des Nachfolgeprozesses

 

4. Null-Fehler-Prinzip:

  • Ausschließen von Fehlerquellen schon bei der Planung
  • Direkte Fehlerrückmeldung nach Überprüfung in möglichst kurzen Zeiteinheiten
  • Fehlerreduzierung von Bauabschnitt zu Bauabschnitt

BIM und Lean Construction – ein Powerteam

Lean Construction und BIM gehen Hand in Hand und ergänzen sich hervorragend, weil damit eine perfekte Umsetzung der Lean Prinzipien möglich ist. Anhand des Gebäudedatenmodells, auf das alle Projektbeteiligten Zugriff haben, können einzelne Gewerke und Aufgaben zugeordnet und mit dem Ist-Status versehen werden. Entsprechend einem vorher definierten Workflow kann durch den Koordinator der Status geändert werden. Eine klare Visualisierung des Ist-Zustands, den die Beteiligten mit Tablets auf der Baustelle einsehen können, erleichtert die kurzzyklische, interaktive Planung und Kontrolle. Ist BIM mit der Lieferkette gekoppelt, können Logistik-Vorgänge dem Pull-Prinzip entsprechend erst bei Bedarf ausgelöst werden.  

Die Kombination der Lean Construction-Arbeitsweise mit BIM hat tiefgreifende positive Auswirkungen auf die Produktivität des Bauprozesses durch

 

  • die Erhöhung der Bauqualität, Transparenz und Sicherheit
  • die Beschleunigung von Entscheidungsprozessen
  • die Erhöhung der Qualität der getroffenen Entscheidungen
  • die Reduzierung von Verschwendungen in den Prozessen
  • eine kooperativere und transparentere Zusammenarbeit aller Beteiligten

 

Was die beiden Ansätze verbindet, sind Kooperation, Transparenz und Kommunikation mit dem Ziel, Probleme proaktiv zu vermeiden und den Baufortschritt zeit- und ressourceneffizient voranzutreiben. „Gerade in der Kombination von Lean mit BIM können Bauprojekte in puncto Zeit, Qualität und Kosten noch viel stabiler und klarer umgesetzt werden“, bestätigt auch Klaus Teizer, Führung Technik + Innovation bei der Vollack Gruppe.

Streiflicht Internet of Things (IoT)

Das Internet der Dinge (Internet of Things, IoT) verbindet physische Objekte mit der virtuellen Welt. Intelligente Geräte und Maschinen sind dabei miteinander und mit dem Internet vernetzt.

Digitaler Zwilling – Mehrwert ein Echtzeit

Der Digitale Zwilling – auch Digital Twin – ist im Prinzip eine Erweiterung der BIM-Methodik durch die Generierung von Echtzeit-Daten. Er stellt eine dynamische virtuelle Kopie des Gebäudes und seiner Automation dar, die genauso aussieht und sich genauso verhält wie die Prozesse im realen Bauwerk. Eine möglichst große Informations- und Datenvielfalt des Digitalen Zwillings wird durch die Verbindung mit der Gebäudeautomation und ihrer Sensoren sichergestellt. Bei einem vollständigen Digitalen Zwilling hat man die Möglichkeit, Vorgänge im realen Gebäude über das Modell zu steuern – eine Wechselwirkung, die die meisten aus dem Internet of Things-Bereich wie beispielsweise von intelligenten Smart Home-Systemen kennen.

 

Ein virtueller Zwilling ermöglicht schon in der Planungsphase eine frühzeitige Bewertung eines Gebäudes oder eines Prozesses, indem ein effizienter Betrieb simuliert und ein solcher sukzessive realisiert werden kann. Energieeffizienz und Nachhaltigkeit können bereits frühzeitig über den gesamten Lebenszyklus vom Bau über den Betriebsprozess bis hin zur Entsorgung vorausgeplant werden. Auch Konstruktionen, Simulationen, Umweltwirkungen etc. können vorab im digitalen Abbild des späteren Gebäudes geprüft werden. Daraus ergibt sich eine sehr gute Ökobilanz, die mit herkömmlichen Methoden wahrscheinlich nicht umsetzbar wäre. Er ist technisch eine Replikation von Daten, die in Echtzeit von Sensoren gesammelt werden

Digital Twins und BIM erreichen ihr höchstes Potenzial, wenn sie zusammenarbeiten. Sie können über die gesamte Lebensdauer einer Immobilie einen hohen Mehrwert generieren. Der Bauherr erhält ein sogenanntes As-built-Modell – einen detailgenauen Digitalen Zwilling des fertigen Gebäudes –, in dem von Klimaanlagen bis hin zu den Lichtschaltern sämtliche Technik hinterlegt ist. Transparent ist zudem, wo welche Bauteile platziert und wie sie im Falle einer Wartung zugänglich sind.

 

Mit dem Digitalen Zwilling verfügt man also über ein umfassendes Werkzeug zur Steuerung und Justierung des Energiemanagements sowie für erforderliche Maßnahmen in den Bereichen Sicherheit, Brandschutz, Renovierung etc. In ihm sieht man die Zukunft des BIM-betriebenen Facility Managements: Anhand der digital hinterlegten Informationen kann der Betreiber zum Beispiel Reinigungskosten oder den Energiebedarf von Räumen berechnen oder auch spätere Umbauten planen. Auch die Nemetschek Group hat eine Digital Twin-Software entwickelt, die Informationen intelligent strukturiert und systemübergreifend miteinander verknüpft. Relevante Informationen werden für alle Projektbeteiligten vom ACE-Dienstleister bis hin zu Betreibern und Eigentümern bereitgestellt – für smarte, nachhaltige Entscheidungen rund um das Gebäude.

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