Kleinere Bauunternehmen denken nicht immer positiv über die Digitalisierung in der Baubranche – mit oft fatalen Folgen
„Digitalisierung ist nur was für die Großen! Für uns zählt, dass wir unsere Baustellen fertig kriegen.” Der Satz ist in der Baubranche häufig zu hören. Viele kleinere Bauunternehmen verpassen die Digitalisierung in der Baubranche.
Dass die Baustellen fertig werden müssen: Haken dran. Das ist keine Frage. Dass Digitalisierung aber nur etwas für große Bauunternehmen ist: eine grundsätzliche Fehleinschätzung. Und die kann die Zukunftsfähigkeit etablierter Bauunternehmen gefährden. Gerade für kleinere Betriebe ist Digitalisierung eine echte Chance.
Kleine und mittlere Unternehmen sind im Bauhauptgewerbe mit Abstand die größte Gruppe. Rund 88 Prozent beschäftigen einen bis 19 Mitarbeitenden (Stand 2022, Statista). Das sind Macher, Inhaber oder Geschäftsführer, die die Firma gegründet haben – mit eigener Hände Arbeit. Unternehmen, die über die Jahre oder Jahrzehnte größer geworden sind. Sie haben sich von einer 2-, 3-Mann-Firma zu einem 10-, 15-Mann-Bauunternehmen gemausert. Regional betrachtet sind sie damit eine Größe. Da will niemand etwas von klein hören. So viel zur Definition KMU. Aber in Abgrenzung zu den wenigen Großkonzernen in der Baubranche sind sie es natürlich.
Digitalisierung der Baubranche bedeutet vor allem Bauprozesse zu optimieren
Für kleinere und mittlere Bauunternehmen sind die Themen Lean Construction und BIM ebenso wichtig wie für Branchengrößen. Nur die Dimensionen dieser Begriffe sind nicht dieselben. Während Baukonzerne gerne das Wort Lean Management in den Mund nehmen, sprechen wir bei kleineren Bauunternehmen oft davon Bauprozesse zu optimieren. Und ja, je kleiner eine Baustelle ist, desto weniger Optimierung kann ich da hervorbringen. Da fahre ich einmal mit dem Transporter hin, lade ab und habe alles, damit die Baustelle bearbeitet werden kann. Allerdings heißt das nicht, dass es rund um den Bau nichts zu optimieren gibt.
Bauprozesse funktionieren im kleinen wie im großen
Auch die Fragen, die sich ein Bauunternehmer oder ein Bauleiter stellt, sind in kleinen und in großen Bauunternehmen ähnlich: Wie kann ich die Baustelle vor Ort einrichten? Was brauche ich als Erstes an Material? Wo bestelle ich? Und wohin soll es geliefert werden, damit es nicht im Weg steht? Welche Mitarbeiter plane ich ein? All das sind Vorgänge, die man auch als 10-, 15-Mann-Unternehmen optimieren kann.
Ein Beispiel aus der Realität: Der Bauleiter fährt alle Baustellen ab und hat acht bis zehn Aktenordner in seinem Kombi. Er fährt die gesamte Aktenlage durch die Region. Bei Baustelle Meyer angekommen, kramt er sich dann durch die Ordner und sucht im Blätterwald das richtige Dokument. Das passiert tatsächlich noch so auf Baustellen. Und genau an diesen Stellen kann die Digitalisierung punkten. Indem Bauunternehmer zum Beispiel ein Tool nutzen, das alle Fäden zusammenhält. Auch die kleinsten. Denn das ist selbst für ein Ein-Mann-Unternehmen von Vorteil.
BIM ist ein Teil der Digitalisierung, der bald auch für kleine Bauunternehmen notwendig wird
Es gibt bestimmt Bauunternehmen, die auch in den nächsten zehn Jahre noch genau so weiterwurschteln, wie sie es bisher gemacht haben. Einfach, weil es immer funktionierte. Weil sie ihr Segment gefunden haben und da so werkeln können, wie sie es immer gemacht haben. Aber das Thema BIM ist präsent und wird in naher Zukunft vorgeschrieben werden.
Irgendwann wird es so sein, dass alle BIM nutzen müssen – vom „Baulöwen“ bis zum Einzelunternehmer.
Die Praxis wird dann so aussehen: Bauherren kommen auf die Bauunternehmer zu und fordern BIM ein. Der Markt diktiert dann, wie gearbeitet wird – nämlich digital. Und Bauunternehmer müssen handeln. Auch Architekten werden zukünftig zu kleinen Unternehmen sagen: Hier hast du das BIM-Modell, das ist unsere Arbeitsgrundlage. Der Bauunternehmer kann dann nicht sagen, dass er das ganz anders macht. So wird sich die Digitalisierung der Baubranche nach vorne entwickeln. Seit 2021 muss BIM in einem Stufenplan bei öffentlichen Ausschreibungen verpflichtend eingeführt werden.
Es ist deswegen überraschend, wenn Bauunternehmer sagen, die Digitalisierung nütze ihnen ja nichts. Auch BIM-Produkte von NEVARIS sind in 2-Mann-Unternehmen im Einsatz. So entstanden für die kleinen Unternehmen neue Aufträge und fast verlorene Zusammenarbeiten mit Architekten konnten weiterbestehen. Das Bauunternehmen hat dadurch einen echten Mehrwert. Wer das erkennt, wird es nutzen. Oder irgendwann gezwungen werden.
Digitalisierung im eigenen Bauunternehmen ist eine Investition in die Zukunft
Natürlich spielt auch das Geld eine wichtige Rolle. Immer dann, wenn keine große Company hinter dem Bauunternehmer steht. Aber auch in den Konzernen ist die Finanzierung ein Thema, auch wenn sie in der Regel schon Budget-Rücklagen für Digitalisierungstools zurückhalten. Sind Bauunternehmer aber auf sich alleine gestellt, müssen sie überlegen und kalkulieren: Der Bagger ist nächstes Jahr schon zehn Jahre alt und ich bräuchte einen mit mehr Kraft und größerem Schaufelvolumen. Oder ich kaufe mir für mehrere Tausend Euro eine neue Software. Bagger oder Bausoftware, das ist eine Überlegung, die natürlich im Raume steht.
Wenn ich mich als Bauunternehmer für Digitalisierungsprozesse entschieden habe und den Mehrwert erkenne, ist die Investitionssumme relativ.
Eine Investition in die Digitalisierung ist nicht sichtbar aber das ist kein Grund, sie nicht zu tätigen
Eine Software ist nichts Greifbares. Dazu ein Vergleich mit früher: In den 1980er-Jahren war Technik eine Art Statussymbol. Da stand im Büro der Schreibtisch, dahinter war ein Regal und da waren dann verschiedenste Software-Schuber – Microsoft Office, Kalkulationsprogramme etc. Die waren sichtbar. Heute kriegen Unternehmen eine Software, werden geschult und niemand sieht die Veränderung physisch im Raum oder kann sie anfassen. Der Bagger steht draußen. Da sehen der Wettbewerb und auch die Mitarbeiter – es wurde was getan. Eine neue Software bedeutet Effizienz – die ist aber nicht sofort für alle Beteiligten erkennbar, wird sich aber mittelfristig doppelt bezahlt machen.
Digitalisierung braucht Experten – auch in der Baubranche
Überlegen Sie einmal, wie sich junge Mitarbeiter oder ein engagierter Nachfolger fühlen. In ihrer Ausbildung oder im Studium haben sie kennengelernt, wie einfach manche Bauprozesse laufen können. Jetzt kommen sie ins Unternehmen und wollen das Steuer übernehmen. Und selbst wenn der Inhaber, der Onkel, Vater oder ein Fremder unterstützt – im Hintergrund sitzt vielleicht ein Mitarbeiter, der seit 40 Jahren seinen Job macht. Einen guten Job. Und der sagt: „Nee, ich habe keine Lust, meine letzten zehn Jahre alles auf links drehen zu müssen. Wenn wir das machen, musst du damit rechnen, dass ich hier nur mit halber Kraft dabei bin.“ Dann steht der Nachfolger vor einer riesigen Herausforderung.
Digitalisierungswilligen Bauunternehmern raten wir:
Macht es nicht allein. Holt euch Profis.
Das spart Zeit und Geld.
Unser Rat ist also: Holen Sie sich Hilfe. Nutzen Sie Expertenrat und Wissen von außen. Gehen Sie nicht hin und versuchen Sie nicht gebetsmühlenartig voranzutreiben, was man müsste und könnte. Holen Sie Experten ins Haus und ins Boot. Sonst wird es schwierig. Das ist Überzeugungsarbeit. Das kann man nur in Live-Präsentationen bewerkstelligen und indem man die Fragen direkt beantworten kann, wenn sie auftauchen. Gerade in kleinen Betrieben ist es umso wichtiger, alle Mitarbeitenden auf dem Weg mitzunehmen.
Digitalisierung in der Baubranche heißt nicht, Ü50-Mitarbeiter überflüssig zu machen. Machen Sie Ihren Mitarbeitenden klar, dass Sie alle mitnehmen wollen.
Eine Grundangst in vielen etablierten Bauunternehmen ist: dass es andere Mitarbeitende gibt, die vielleicht schneller sind und sich besser in die digitale Welt einfügen als andere. Suchen Sie deshalb immer das Gespräch mit möglichst vielen Beteiligten. Gerade in Bauunternehmen mit 2 bis 20 Mitarbeitenden ist Beratungskompetenz durch Digitalisierungsexperten gefragt. Und die Praxis zeigt: Wie zukunftsfähig ein Bauunternehmen ist, das hängt nicht von der Größe ab, sondern von der Bereitschaft sich weiterzuentwickeln.
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Mehr InformationenBildnachweise: SDI Productions/E+ via Getty Images; dusanpetkovic/iStock via Getty Images.